Wenn Servant Leader auf Macht-Strukturen treffen
- Linda Theurer
- 24. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Impulse zur Reflexion und zum Handeln

Ausgangspunkt: Ein Widerspruch im System
Viele Führungskräfte verstehen sich heute als Begleiter, Enabler, Servant Leader – und leben ihre Rolle empathisch, unterstützend, partnerschaftlich. Doch das Umfeld, in dem sie wirken, ist oft noch von alten pyramidenförmigen Machtstrukturen geprägt: Entscheidungen laufen oben zusammen, Verantwortung wird abgesichert statt verteilt, Kommunikation fließt top-down.
Was entsteht daraus? Ein Paradox:
Führung will dienen – aber das System fordert Kontrolle.
Struktur bestimmt Verhalten
Psychologische Sicherheit, Eigenverantwortung und Innovationskraft entstehen nicht durch Haltung allein, sondern durch strukturelle Voraussetzungen. Eine dienende Führungskraft kann in einem machtorientierten System oft nur begrenzt wirksam sein.
Woran merke ich, dass ich in diesem Paradox stecke?
Ich spreche über Vertrauen, aber kontrolliere regelmäßig nach.
Ich übernehme Aufgaben, obwohl ich sie längst hätte abgeben können.
Entscheidungen dauern, weil ich Angst habe, Fehler im Team nicht mitzutragen.
Ich fühle mich zwischen den Erwartungen „von oben“ und dem Bedarf „unten“ zerrieben.
Ich habe das Gefühl, für alles zuständig zu sein – und dennoch nirgends wirklich wirksam.
Auswirkungen auf Führungskraft, Team und Unternehmen

Gegenüberstellung: Machtstruktur vs. Kompetenzstruktur

Und jetzt? Wie spreche ich das intern an?
Bevor du den Dialog öffnest, stell dir eine zentrale Frage: Was ist es mir wert, Führungskraft in dieser Organisation zu sein?
Führung zu übernehmen, ist eine Auszeichnung – aber auch ein Risiko, wenn das System nicht mitzieht. Denn wer Verantwortung für Menschen trägt, muss auch die Freiheit haben, Strukturen mitzugestalten.
Wenn deine Gestaltungsmacht auf das eigene Team begrenzt bleibt, während die Rahmenbedingungen unverändert hierarchisch bleiben, wird Führung schnell zum Verschleißmodell – statt zum Wirkungskreis.
Sprich diese Widersprüche bewusst an – nicht als Kritik, sondern als Entwicklungsimpuls.
3 Einstiegsmöglichkeiten für den Dialog:
Beobachtung + Frage:
"Mir fällt auf, dass wir sehr viel Verantwortung absichern – aber nur wenig wirklich teilen. Wie erleben Sie das?"
Spiegeln + Hypothese:
"Wir sprechen viel von eigenverantwortlichen Teams/ownership/selbstorganisierter Teams, aber unsere Entscheidungswege laufen noch stark über Hierarchien. Vielleicht ist das ein Widerspruch, den wir auflösen sollten?"
Storytelling:
"Ich habe eine Übung erlebt, in der ich gespürt habe, wie sehr unsere Startpositionen unsere Handlungsmöglichkeiten beeinflussen – ganz ähnlich wie im Unternehmen. Vielleicht sollten wir auch mal schauen, wo bei uns Chancen ungleich verteilt sind."
Erste Schritte zur Veränderung
Auf der Ich-Ebene:
Welche strukturellen Rituale, Entscheidungen oder Prozesse halte ich selbst aufrecht – obwohl ich sie eigentlich anders leben will?
Wo nehme ich Kontrolle zurück, obwohl Vertrauen angesagt wäre?
Auf der Wir-Ebene:
Gibt es in unserem Team echte Entscheidungsspielräume?
Wann wurde das letzte Mal Verantwortung sichtbar übertragen – nicht nur delegiert?
Auf der Alle-Ebene (Organisation):
Wer entscheidet bei uns – und warum genau diese Person?
Welche Entscheidungen könnten durch Fachkompetenz statt durch Hierarchie getroffen werden?
Gibt es Rollenmodelle oder Strukturansätze, die wir ausprobieren könnten?
Strukturfragen zur Selbstdiagnose
Wie verlaufen Entscheidungen – formal und informell?
Wer darf was sagen – und wer hält sich (unbewusst) zurück?
Welche Machtverhältnisse sind offensichtlich – welche wirken subtil?
Welche Themen werden schnell entschieden – welche immer wieder vertagt?
Was passiert mit Fehlern? Und wer darf scheitern?
Fazit: Der Wandel beginnt mit dem Sichtbarmachen der Widersprüche
Solange dienende Führung auf kontrollierende Strukturen trifft, entsteht Reibung. Nicht, weil Menschen nicht wollen – sondern weil das System nicht trägt.
Der erste Schritt? Hinschauen. Ansprechen. Und gemeinsam Neues gestalten.
Wenn du Lust hast, tiefer einzusteigen: Wir begleiten Teams und Organisationen auf dem Weg von der Macht- zur Kompetenzstruktur – praxisnah, achtsam und mit dem Blick für das Machbare.
Lass uns austauschen, was euer erster wirkungsvoller Schritt sein könnte!
Linda Theurer
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