Mich als alleinerziehende Mutter von drei Kindern von heute auf morgen selbständig zu machen, war das Resultat von Bewusstseinsentwicklung. In der Schule habe ich mich nie mit mir selbst auseinandergesetzt. Ich hatte keine Ahnung, wer ich war, was ich wollte, wo meine Stärken lagen, geschweige denn was meine Werte, Visionen und Bedürfnisse waren. Sich mit sich selbst auseinander zu setzen war in meiner Kindheit kein Thema. Ich glaube, es wurde sogar als egoistisch oder egozentrisch bezeichnet. Ich spürte über viele Jahre diese innere Leere. Wo ich doch alles hatte um glücklich zu sein: Gesunde Kinder, einen super Job, ein schönes Haus, genug Geld, liebevolle Freunde, eine tolle Chefin und nette Kollegen. Was wollte ich denn noch? Aber es blieb dieses Gefühl. Jeden Tag auf dem Nachhauseweg waren sie da, diese Fragen: „Das soll es gewesen sein?“, „Und das nennt sich also Leben?“, „Jetzt nur noch alt werden und das wars dann? ...“ Meine Mutter ist mit 33 Jahren zu früh gestorben. Plötzlich aus dem Leben gerissen zu werden, war für mich nicht ungewöhnlich, es konnte auch mir passieren. Den Wunsch, etwas zu hinterlassen, wenn es soweit ist, hatte ich schon als Kind. Ich wollte, dass man mich vermisst, mich als guten Menschen in Erinnerung behält, ich diese Welt mit ein klein wenig mehr Liebe und Friede verlasse, als ich sie angetroffen hatte. Umso nagender meine innere Leere … Ich hielt mich für verrückt, zu anspruchsvoll und undankbar. Alle Menschen in meinem Umfeld schienen mit dieser Art des Lebens erfüllt zu sein, nur ich nicht – was stimmte nicht mit mir?! Bis mich eine irische Freundin zu einem Coach schickte. „Wenn wir das nächste Mal wieder telefonieren, warst du bei einem Coach und berichtest mir davon…“ Raus aus der Opferrolle, rein ins Tun. Suche dir Hilfe zur Selbsthilfe, sagte sie mir damit. Also musste ich Google durchsuchen und fand sie, eine freundliche ältere Dame, deren Coachingwebseite mich angesprochen hatte. Angerufen, Termin vereinbart, hingefahren. Keine Ahnung was ich dort sollte. Ich hatte ja nicht mal ein richtiges Problem. Ich jammerte rum und kam mir dabei schrecklich erbärmlich vor. Ich dachte, sie würde sagen, “jetzt reiß dich aber mal
zusammen, sei etwas dankbarer, suche dir ein Hobby, …“ oder sowas. Was sie jedoch machte, war in einer kurzen Übung mit mir meine Werte zu erarbeiten. Nun hatte ich sie auf dem Papier stehen, schwarz auf weiß: Freiheit, Selbstbestimmtheit, Zeitsouveränität, Sinnhaftigkeit. Die Dame schaute sich meine Werte an und meinte, dass sich mit diesen Werten meine Erfüllung als Angestellte nur sehr schwer umsetzen ließe.
Eine Idee wird geboren Die Idee einer Selbständigkeit war für mich derart abstrakt, dass ich sie nicht für ernst nehmen konnte. Niemand in meinem Umfeld war selbständig. In meiner Familie gab es Generationen zurück nie einen Selbständigen. Wir waren eine Familie der Arbeiterklasse – uns stolz darauf. Bis auf meinen Freund, mit dem ich erst frisch zusammen war, war da niemand von dem ich lernen oder abschauen konnte. Ich hatte nicht studiert, nicht einmal eine Berufsausbildung, keine unterstützende Großfamilie im Rücken, dafür feste Ausgaben für drei Kinder, einen riesigen Rucksack voller Selbstzweifel – und Arbeitserfahrung. „Von einer Skala zwischen 1-10, wie kannst du deine Werte derzeit leben und wie könntest du deine Werte in einer Selbständigkeit leben?“ – Die Zahlen sprachen für sich…. Es war Bewusstwerdung in diesem Coaching, nichts anderes. Hoch emotional, den Boden unter meinen Füßen verlierend und voller innerer Widerstände verließ ich diesen Ort 90 Minuten später mit der Hausaufgabe, mir zu überlegen, was mir Spaß macht und wo meine Stärken liegen… Ich habe die gute Dame nie wieder gesehen. Denn ein weiteres Coaching war nicht nötig. Es war für mich klipp und klar was zu tun war – ohne dass das jemals von ihr ausgesprochen wurde. Ich bin ihr und ihrer Methode der Bewusstwerdung unglaublich dankbar. Nicht sie hat mir gezeigt, wie meine Veränderung zur Erfüllung aussieht, sie hat mir nur geholfen aufzudecken, was ich längst vergessen hatte. Sie schuf Klarheit in mir. Alles was dann folgte, war kinderleicht und ganz natürlich.
„Don’t die with the music still in you” Dr. Wayne Dyer
– oder “Sterbe nicht mit der Angel in der Hand, ohne sie jemals ausgeworfen zu haben – ob etwas anbeißt oder nicht, kannst du kaum beeinflussen. Aber du kannst sie auswerfen.“ Ein Bild von ihr, das mich prägte. Ich will es wenigstens versucht haben! So nahm ich mir vor, mir meine Selbständigkeit wie ein 2 Jahres Lebens-Projekt zu planen und mir während dieser Zeit ganz drucklos ein Unternehmen aufbauen. Sollte es nicht funktionieren, lasse ich mich wieder anstellen, - das war Plan B.
Der Blick zurück Heute 7 Jahre später und nach 5 Jahren Selbständigkeit hätte ich vieles anders gemacht. Ich habe viel Lehrgeld bezahlt und bin – von heute aus gesehen - ganz schön blauäugig gestartet. – Und doch war alles richtig, wie es war. Ich habe Verantwortung für mich und mein Leben übernommen und etwas unternommen, - auf meine Art und Weise. Und ich habe etwas Wesentliches gelernt: Dass Veränderung nicht durch Veränderung passiert. Nicht durch gute Ratschläge, Trainings und Seminare, durch teure Mentorings, positive Affirmationen, durch detailliert ausgeklügelte Veränderungsprozesse, durch Motivationsshows, Gewohnheitsapps oder Yoga und Meditationssessions - sondern im Bewusstwerden. Alleinig die Klarheit zu mir selbst, hat den Impuls der Veränderung ausgelöst, nichts sonst. „Was sind die Werte deines Lebens und wie passen sie zu deinem derzeitigen Leben?“ Das war meine Frage, die mich zur Bewusstseinsentwicklung führte. Nur wer die richtigen Fragen stellt – kann Bewusstheit und dadurch ein authentisches Leben schaffen. Oder wie Erich Fromm sagte „Die Fragen, nicht die Antworten machen das Wesen des Menschen aus.“ So bin ich vom Veränderungs-Manager zum Fragensteller geworden und erreiche in kürzerer Zeit echte und tiefgreifende Veränderung, die sich selbst trägt. Auch wenn ich weg bin.
Und alles wird klar Weil mich Veränderung und Entwicklung besonders in Teams und Organisationen immer schon begeisterte und ich hierin als Change-Manager viele Erfahrungen sammeln durfte, war es nur klar, 1 und 1 zusammen zu rechnen und mich weg von der „Veränderung“ hin zur inneren Transformation, also der Bewusstseinsentwicklung zu begeben. Alles andere ist Zeit und Energieverschwendung. Keiner von uns verändert sich, wenn unser Partner das von uns wünscht, oder unsere Freunde oder Eltern. – Zumindest nicht langanhaltend. Kinder verändern sich nicht, wenn Eltern es von ihnen wünschen. Im Gegenteil, sie bleiben stur und sagen uns „Ich bin, wie ich bin, liebe mich so oder lass es bleiben…“. Mitarbeiter ändern sich nicht, weil der Chef das möchte. Kommt der Druck der Veränderung von außen, reagiert der Mensch: Stillstand, Gegendruck, Boykott, Opferhaltung… Und genau das sehe ich in unzähligen Unternehmen. Die Kosten der Veränderungen sind untragbar hoch. Nicht nur in Geld und Zeit, sondern durch den Verschleiß der besten Menschen im Unternehmen. Und doch machen alle weiter mit noch ausgeklügelteren Veränderungsprogrammen. Alle getarnt unter Buzzwords wie „New Work, agil, digital, lean, Kultur, …“ In meinen Workshops nicht. Ich stelle Fragen mehr nicht. Und ich verbinde alles: Das Ich, das Wir, das Uns, das Innen, das Außen. Was dann passiert, ist Veränderung. Aber eine die von allen getragen, gelebt, verinnerlicht ist. Eine die sich natürlich, leicht und klar anfühlt. Eine die Zeit spart, stärkt, verbindet, eine Richtung verfolgt und Halt gibt. Ich nenne das Organisationsentwicklung durch Bewusstseinsentwicklung.
Zusammenfassung Das Bewusstwerden hat mein Leben verändert. Der Grundstein wurde an einem Tag mit einer Frage gelegt. Alles Weitere passierte. Heute habe ich meinen Sinn im Leben gefunden. Ich lebe als Selbständige seit über 5 Jahren meine Werte - täglich. Wäre Sicherheit einer meiner Werte, wäre ich heute nicht, wo ich bin. Ich habe klare Prioritäten in meinem Leben nach denen ich meine Entscheidungen und Taten ausrichte: Meine Familie geht immer vor. Und ich hatte noch nie Kunden oder Kollegen, die damit ein Problem hatten. Im Gegenteil. Ich erfahre Unterstützung von allen Seiten. Ich lebe meine Werte in meinen Kunden- und Partnerbeziehungen, bin Vorbild in Klarheit und Reflektion. Ich habe einen Alltagstrott, Routinen und meterlange To-Do listen. Nicht alles ist Spaß, was ich mache. Aber es dient einem höheren Zweck. Dafür stehe ich morgens auf, dafür lohnt es sich auch mal am Wochenende ran zu sitzen, dafür lohnt es sich, die Mitarbeiter zu bezahlen und selbst nochmals zu warten, dafür lohnt es sich schlaflose Nächte zu haben, dafür lohnt es sich kilometerweit zu fahren…. Es war meine eigene Entscheidung, die mich erfüllt, mir einen Sinn gibt und mich mit Energie und Liebe nährt. Und… ich zeige meinen Kindern, welche anderen Möglichkeiten es nebst einem Arbeitnehmerleben gibt. Sie entscheiden.
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